Als ich im Januar mit diesem Blog angefangen habe, habe ich im Internet ein bisschen recherchiert und dabei festgestellt, dass ich gar nicht die erste bin, die auf die Idee gekommen ist, eine Auszeit in Sachen Neukäufe zu nehmen. Darüber war ich im ersten Moment ein bisschen enttäuscht, aber inzwischen freue ich mich darüber Teil einer ganzen Gruppe von Leuten zu sein, die sagt: "Halt stop, so nicht!"
Nehmen wir zum Beispiel Anika. Auch Anika hat ein Jahr lang keine neuen Klamotten gekauft. Hier berichtet sie Anfang 2015, wie sie festgestellt hat, dass sie im wahrsten Sinne des Wortes genug hat und ihren Kleiderschrank fortan für ein Jahr auf Diät setzt. Und hier gibt es schließlich das Fazit aus dem Dezember.
Die Grundvoraussetzungen zwischen uns beiden waren glaube ich etwas unterschiedlich, weil Anikas Kaufverhalten vor ihrem "Experiment", wie sie es nennt, schon fast an Shoppingsucht grenzte. Um einmal komplett auf "Entzug" zu gehen, hat sie sich - im Gegensatz zu mir - nicht die Option offen gelassen, Klamotten gebraucht zu kaufen.
Dennoch kann ich die Gedanken, die Ihr durch den Kopf gegangen sind gut nachvollziehen: "Würde es mir unglaublich schwerfallen?
Würde ich weinend an Schaufenstern vorbeihuschen, den Blick abgewandt?
Oder befreit durch die Straßen (...) hüpfen, mit meinem Glauben, die
Welt ein bisschen besser zu machen?" Denn auch Anika hat den Nachhaltigkeitseffekt in's Zentrum ihres Experiments gestellt.
Interessant finde ich ihre Gedanken zum Thema "Wann brauche ich etwas?": "Da ich ja (...) alles hatte, was ich brauchte, war die Frage eher: Wann denke ich denn, dass
ich was brauche? Wenn ich die Strumpfhose auch gern noch in einer
anderen Farbe hätte? Wenn eine der drei Strickjacken ausgeleiert ist?
Wenn die Lieblingsschuhe aussehen, als ob sie bald ein Loch bekämen? (...) [Heute] kommt mir 'Ich brauche' viel
schwerer über die Lippen. Vor allem, weil ich weiß, dass ich alles habe.
Ich habe sogar so viel, dass ich immer noch ein paar Dinge besitze, die
ich dieses Jahr nicht angezogen habe."
"Ich bin mir (...) viel bewusster, welche
Art von Kleidungsstücken ich wirklich trage und welche auf dem
Kleiderbügel versauern, weil sie doch nie so richtig passen oder
unpraktisch sind."
Was sie in dem einen Jahr gelernt hat, ist,
Dinge mehr zu schätzen. "Jetzt ist es eben wirklich sehr sehr traurig,
wenn ich meinen Schal irgendwo habe liegen lassen, oder ein weiteres
Loch in meine Leggings gerissen habe. Durch das Experiment war nichts mehr
so eben mal austausch- oder ersetzbar. Dass ich das erst lernen musste,
finde ich ganz schön peinlich und unglaublich verwöhnt von mir. Ich
musste sehr oft an die Generation meiner Großeltern denken (oder an
meine Eltern in der DDR – sie sind unglaublich kreativ mit dem
umgegangen, was sie damals hatten) und an all jene Menschen, die in
Deutschland im Gegensatz zu mir mit Armut zu kämpfen haben. Für die das
Alltag ist: Kleidung bis zum Letzten auftragen, flicken und viele, viele
Dinge wiederverwenden." Darüber habe ich ja auch schonmal geschrieben. Kleidung sollte (trotz des oft lächerlich niedrigen Preises) einen Wert haben!
Anikas Experiment hat sich im Laufe des Jahres auch auf andere Dinge ausgewirkt. "Wenn etwas kaputt geht, ist bei mir
der erste Schritt nicht mehr 'Ach, dann kauf ich mir halt was Neues',
sondern 'Ich schau erst mal, wie ich das wieder hinkriege'. [Mein Reden ;-)] Was man
eigentlich unter normalem Menschenverstand verbuchen sollte, ist vielen Menschen inzwischen scheinbar abhanden gekommen."
Besonders schön finde ich das Fazit am Ende: "Ich hab alles, was ich brauche, ich liebe alles, was ich habe. Mehr brauch’ ich auch nicht." Aus diesem Grund hat sie sich ihr ursprünglich einjähriges Experiment sogar zur Lebensaufgabe gemacht, allerdings mit dem Kompromiss, dass unbrauchbar gewordene Kleidungsstücke ersetzt werden dürfen. Ich sage: Hut ab!
23. Juni 2016
Nachhaltigkeit
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