6. März 2017

Gedanken zu...Minimalismus

Letzte Woche hat mir eine Freundin diesen Artikel aus der Zeit geschickt und wollte gerne meine Meinung dazu hören. Ich habe Ihr längst geantwortet, aber der Artikel lässt mich nicht los, und deshalb teile ich meine Gedanken dazu nun mit Euch auf dem Blog.



Mir gefällt dieser Artikel nicht. 


Und zwar nicht etwa deshalb, weil er "anti-minimalistisch" ist oder so, sondern weil er so einseitig und unreflektiert ist. Die Autorin hat das Prinzip von Minimalismus offenbar nicht verstanden.

Wenn ich das richtig sehe, gibt es zwei Arten von Minimalismus: Einmal Minimalismus als Lebenseinstellung - dann hängt damit Entrümpelung (und zwar ganzheitlich, d.h. sowohl der Wohnung als auch des Lebens), Reduktion und auch in einem gewissen Grad Umweltschutz (Ressourcen schonen usw.) zusammen.

Dann gibt es noch Minimalismus als Einrichtungsstil, also Möbel, Deko, Konsum. Es ist wohl nicht im Sinne der "Lebenseinstellung Minimalismus", alles zu verkaufen, um dann tausende Euro für eine Designerlampe auszugeben, die den leeren Raum füllt (wie es im Artikel beschrieben wird). So eine Aktion kann ich mir nur vorstellen bei Leuten, die Geld haben, den minimalistischen Stil gerade schön finden und einfach auf den Zug aufspringen. Das sind dann aber vermutlich auch die Leute, die in ein, zwei Jahren einen neuen/anderen Stil gut finden und dann wieder komplett umdekorieren.

Die grundsätzliche Einstellung des Minimalismus - Sachen, die man selbst nicht braucht, die für andere Menschen aber nützlich sein können, weiterzugeben (auf welchem Weg auch immer) - finde ich sehr gut. Eine Reduktion auf's Wesentliche. So handhabe ich es ja quasi auch. Dabei liegt es jeder und jedem selbst in der Hand, wieviel er/sie braucht oder auch nicht. Ich möchte Besitz gar nicht per se verteufeln, und es ist doch herrlich, wenn man beim Anblick eines Kleidungsstückes an den Urlaub erinnert wird, in dem man es gekauft hat. Aber man sammelt im Laufe der Zeit einfach auch viel Kram an, an dem keine Erinnerungen hängen, die einem nichts bedeuten, die man einfach nur besitzt. Ich denke z.B. an eine große Bücher- (oder DVD-)Sammlung: Man hat ein paar Lieblingsbücher, die man zig mal liest und niemals weggeben würde. Der Rest steht aber ewig im Regal, zieht von Wohnung zu Wohnung mit um und ist so letztlich doch nur Ballast. Ja, liebe Linda Tutmann, insofern kann Besitz tatsächlich sehr belasten, das habe ich am eigenen Leibe gespürt! Sich von diesem Ballast zu befreien, das ist die Kunst des Minimalismus (oder nennt es wie Ihr wollt). Und wie befreiend das ist!
Dabei muss jede/r selbst herausfinden, wie weit sie/er den persönlichen Besitz reduzieren möchte oder wie viel sie/er noch braucht. "Brauchen" meint dabei nicht nur einen praktischen Zweck. Es kann auch heißen, dass ich etwas brauche, um mich wohlzufühen!

Ich würde mich selbst übrigens nicht als Minimalistin bezeichnen. Mein Kleiderschrank und unsere Wohnung sind weit davon entfernt minimalistisch zu sein, zumindest wenn man sie mit all den Fotos bei Instagram von "echten" MinimalistInnen vergleicht. Trotzdem kann ich inzwischen bei 90% der Dinge in meinem Haushalt sagen, dass ich sie wirklich "will", dass ich sie mag, mich bewusst für sie entschieden habe (und mein Ziel ist es, mich früher oder später von den übrigen 10% zu trennen). Von zwanghaften Festhalten an Dingen, die meinem Leben keinen Sinn (mehr) geben, halte ich einfach nichts.

Sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, sagt in der Folge m.E. übrigens nichts über die Qualität von Freundschaften aus, wie es in dem Artikel so kritisch angemerkt wird (Zitat: "Wie soll jemand, der nicht mal bereit ist, ein altes T-Shirt aufzubewahren, Menschen die Treue halten?"). Da scheint jemand schlechte Erfahrungen gemacht zu haben und einfach frustriert zu sein... Aber das nur so am Rande.

Wie seht Ihr das? Was haltet Ihr vom Prinzip Minimalismus? Lesen hier MinimalistInnen mit? Oder Menschen, die sich ganz offen dazu bekennen, dass sie einfach nichts weggeben können/wollen?

5 Kommentare:

  1. Hallo Anna ☺
    ich bin da ganz deiner Ansicht! Der Artikel ist wirklich unglaublich einseitig geschrieben! Ich selber bin eher wenig minimalistisch. Aber kennt nicht jeder von uns das gute Gefühl des Aussortierens? Ich habe ein paar Mal im Jahr das dringende Bedürfnis dazu und sortiere Dinge dann radikal aus! Aber, und das ist denke ich auch sehr sin voll, ich gebe diese Dinge weiter: Entweder verschenke ich sie am liebe Menschem, bei denen ich weiß, dass sie sie gebrauchen (ich denke da zum Beispiel an meine Freundin Sinja, der ich letzten Monat noch ein Kleid geschenkt habe, welches ich nur einmal trug, sie aber immer in meinem Kleiderschrank bestaunte) oder ich gehe damit auf den Flohmarkt (und gebe das Geld meist für ein Traumteil aus, oder für Essen... Okay ich bin ehrlich, ich werde mir essen kaufen ;))
    Und nach dem Akt des Aussortierens geht es mir immer so viel besser! Ich fühle mich leichter :) Und die Kleidung ist hier nur exemplarisch genannt. Aussortieren geht auch gut bei Unterlagen, Dekoration, Küchenschränken und vielem mehr!
    Also minimalismus ist vll nichts für mich, aber der sinnvolle Besitz und das sinnvolle weitergeben, das finde ich super.
    Vielen Dank für die tolle Inspiration, ich werde wohl am Wochenende direkt mal wieder loslegen! Ich hab da noch ein paar Ordner, die das Aussortieren gut vertragen könnten :)

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    1. Oh stimmt, Papierkram aussortieren! Das ist auch so eine Sache, die ich richtig genieße. Ich hab langge Zeit wirklich viel aufgehoben ("Falls man das nochmal braucht..."), aber nachdem ich letztes Jahr "Magic Cleaning" gelesen habe, habe ich Ordnerweise Papierkram weggeschmmissen und bewahre jetzt nur noch wirklich wichtige Dokumente länger als ein Jahr auf.
      Das mit dem Kleid ist ja echt nett, gerade wenn Deine Freundin wirklich schon ein Auge drauf geworfen hatte. :)

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  2. Mir hat der Artikel auch nicht gefallen. Irgendwie hatte ich das Gefühl, mir würde durch den Artikel nur vermittelt, dass ich kaufen und besitzen muss, um Erinnerungen zu schaffen. Also unbedingt Gegenstände mit Ereignissen verknüpfen muss und es absolut keinen Moment im Leben geben kann, der nicht mit einem Konsumobjekt zusammen hängt.
    Ich habe auch überhaupt nicht verstanden, was das mit dem so hass-geliebten Bild im Schlafzimmer sollte. Nur weil eine Kollegin sagt sie besitze fast gar nichts mehr, musste unbedingt der Versuch gestartet werden das Bild AUSZUTAUSCHEN? Das ging für mich auch völlig am Thema vorbei.
    Auch ich bin niemand, der sich als Minimalist bezeichnen kann oder es mal irgendwann will. Ich versuche lediglich mein Konsumverhalten zu überdenken und wenn es dann auf weniger hinausläuft ist das in Ordnung. Es gab früher oft genug Momente, da habe ich etwas gekauft, nur um etwas zu kaufen. Oder ein Souvenir aus dem Urlaub mitgebracht, nur um etwas mitgebracht zu haben. Das erzählt dann auch keine Geschichte, sondern ist einfach nur sinnlos. Ich würde mich aber nicht davon abhalten, in Zukunft Urlaubssouvenirs mitzubringen, wenn sie mir wirklich gefallen. Ich denke halt heute darüber nach, ob ich etwas wirklich kaufen will/sollte.
    Und auch ich habe alte Klamotten im Schrank, aber die halten ja auch nicht ewig. Aber der Artikel vermittelte mir, ich müsse sie unbedingt behalten, egal wie zerschlissen sie irgendwann sein werden, weil damit ja eine Geschichte meines Lebens verwoben ist! So ein Blödsinn...

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    1. Genau, gerade der letzte Punkt ist echt etwas, das an mir nagt. Ich habe bei meinen Eltern einen Karton mit "Erinnerungsstücken". Darin sind hauptsächlich Klamotten, die wirklich Lieblingsklamotten waren, als ich kleiner war, aus denen ich aber inzwischen herausgewachsen bin. Zu denen kommt gaaaaanz ganz selten jetzt nochmal ein Teil, dass nicht mehr tragbar (sprich: zerschlissen und kaputt) ist, das ich aber als Erinnerung behalten möchte. Einige würden diese Kiste Platzverschwendung nennen, für mich hat sie aber eine Bedeutung. Vom Großteil meiner Klamotten kann ich mich aber problemlos trennen, wenn sie "auf" sind. ;-)

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  3. Ich will weder Minimalist noch Materialist sein. Im Endeffekt geht es immer nur um Sachen, bei dem einen um Sachen die er alle hat und beim anderen um die die er nicht (mehr) hat. Keines der Extreme finde ich erstrebenswert. Dinge, die ich nicht mehr mag/nutze werden eben verkauft oder verschenkt und andere, die mir wichtig sind, die kaufe ich auch neu, wenn es keine Alternative gibt.
    Und ja, der Artikel ist schlecht, weil er zu negativ und zu einseitig ist, aber ich finde es einfach nicht Wert dem Eintrag noch weitere Aufmerksamkeit zukommen zu lassen.

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