5. Mai 2017

Alternativen zu...neuen Lebensmitteln

Bei meinem Vorsatz, ein Jahr lang NICHTS Neues zu kaufen, habe ich von vornherein nur eine einzige Sache ausgeschlossen: Lebensmittel. Die muss man ja neu kaufen, gebrauchte Lebensmittel, das geht ja irgendwie nicht. Aber es gibt sowas wie eine Alternative zum Lebensmittelkauf: Foodsharing.

Was ist Foodsharing?

Foodsharing ist eine Initiative, die sich gegen Lebensmittelverschwendung einsetzt. Deshalb werden Kooperationen mit Lebensmittelbetrieben aller Art aufgebaut (Bäckereien, Supermärkte, Restaurants, Großküchen, Wochenmarktstände uvm., es gibt die spannendsten Kooperationen!). Die Betriebe geben an, wann und wie oft sie Lebensmittel übrig haben. Das sind z.T. Sachen, bei denen das Mindesthaltbarkeitsdatum erreicht oder schon überschritten wurde, Obst mit kleinen Macken oder Brot, das an dem Tag nicht verkauft wurde. Als Foodsaver kann man sich für die Abholung eintragen und die Sachen entweder für sich selbst verbrauchen, oder - wenn es zu viel ist - in einen sogenannten "Fairteiler" stellen. Das ist meist ein Regal oder auch ein Kühlschrank, der an einem geschützten, aber öffentlich zugänglichen Ort steht. Dort kann sich dann jede/r bedienen (man muss dafür nicht bei Foodsharing angemeldet sein!).

Wie kann ich mitmachen?

Um Foodsaver zu werden, muss man zunächst ein Quiz absolvieren, in dem man unter Beweis stellt, dass man sich mit Foodsharing auseinandergesetzt hat. Auf das Quiz sollte man sich ein bisschen vorbereiten, aber es ist natürlich nicht wie eine Abiklausur oder so. 😁 Wenn man das Quiz bestanden hat, wird man von einer BotschafterIn aus der Region kontaktiert, der man mitteilt, dass man daran interessiert ist, Lebensmittel abzuholen. Man bekommt dann Terminvorschläge für die ersten gemeinsamen Abholungen. Diese Einführungsabholungen sollen die Möglichkeit bieten, Foodsharing praktisch kennenzulernen. Nach drei erfolgreichen Einführungsabholungen erhält man schließlich den Foodsaver-Ausweis und kannst sich ab dann selbstständig für die Abholungen eintragen. Dabei entscheidet man selbst, wo, wann und wie häufig man Lebensmittel bei einem Betrieb abholen möchte.

Warum ist das alles so streng organisiert?

Um den Lebensmittelspendebetrieben wie auch den Foodsavern eine reibungslose Zusammenarbeit zu ermöglichen, ist es notwendig, sich gut zu organisieren. Deshalb muss eine gewisse Zuverlässigkeit sichergestellt werden.

Die meisten Fragen werden auf der Website von Foodsharing beantwortet, also schaut dort am Besten nach, wenn Ihr Interesse habt. Ansonsten versuche ich natürlich auch gerne, Eure Fragen zu beantworten. :)

Ich hatte mich schon in Hamburg auf der offiziellen Foodsharing-Plattform angemeldet, aber leider gab es in meinem Viertel keinen einzigen Supermarkt, der mitgemacht hat. Und erst eine halbe Stunde durch die Stadt fahren, um Lebensmittel zu retten, dazu war ich, um ehrlich zu sein, zu faul. Nachdem ich mich in Hamburg nicht weiter mit Foodsharing beschäftigt hatte, bin ich in Göttingen voll durchgestartet. Die Supermärkte vor meiner Haustür machen zwar leider auch nicht mit, aber da man in Göttingen eigentlich überall schnell mit dem Rad hinkommt, ist das kein Problem. Also rette ich seit einigen Monaten fleißig Lebensmittel und habe inzwischen sogar eine Betriebsverantwortlichkeit übernommen. Wenn ich es drauf anlegen würde, könnte ich wahrscheinlich auch komplett ohne "neue" Lebensmittel auskommen. Ich habe das in Anführungszeichen gesetzt, weil die Lebensmittel ja im Grunde genommen neu sind. Das Brot, das die Betriebe an die Foodsaver abgeben, sind sie den Tag über nicht losgeworden, es ist also nichtmal alt. Obst und Gemüse haben z.T. kleine Macken (oft aber auch nicht!) oder sind nicht mehr taufrisch. Aber immer noch gut geeignet für Smoothies, Gemüsepfannen und Bananenbrot.

Die "Ausbeute" nach einer regulären Abholung. Das ist nur der Teil, den ich für unseren Zwei-Personen-Haushalt mitgenommen habe, ungefähr zehnmal so viel ist im Fairteiler gelandet!
Erst durch Foodsharing habe ich einen konkreten Einblick in das Ausmaß an Fehlkalkulation von Seiten der Lebensmittelbetriebe bekommen. Wir holen z.T. MASSEN an noch gut genießbaren Lebensmitteln ab, die sich aber (angeblich!) nicht mehr verkaufen lassen. Dabei würde ich viel lieber solche Bananen wie die oben auf dem Foto kaufen, als die halb grünen, die in den Supermärkten in den Regalen liegen.
Dass in den meisten Supermärkten die Obst- und Gemüseregale immer nur mit total perfekten, frischen Früchtchen gefüllt sind, liegt daran, dass die "schlechten" Sachen täglich aussortiert werden. Eine Banane kriegt langsam braune Stellen? Weg damit! Eine Kartoffel hat eine merkwürdige Form? Ab in die Tonne! Vieles landet übrigens nichtmal in den Supermärkten, sondern wandert gleich vom Acker in die Tonne. (Ich kann Euch an dieser Stelle nur noch einmal "Taste The Waste" an's Herz legen.)
Die Geschäfte müssen doch eigentlich auch wirtschaften (oder?!). Aber weil die KonsumentInnen es gewohnt sind, dass (v.a. in Bäckerein) bis abends die Regale voll sind (und wenn nicht, gehen sie zur Konkurrenz), reagiert der Einzelandel mit einem Überangebot. Ich bin mir immer noch nicht sicher, wer hier die größere Verantwortung hat: VerbraucherInnen oder ProduzentInnen? Bei wem muss ein Umdenken stattfinden?
Oh man, ich könnte gerade schon wieder ellenlange Aufsätze darüber schreiben. Aber es soll heute mal nicht um die Kritik gehen, sondern in erster Linie darum, die schönen Seiten von Foodsharing aufzuzeigen. Dass solche Supermärkte überhaupt bei Foodsharing mitmachen, ist ja schonmal ein Zeichen dafür, dass sie sich Gedanken machen. Das möchte ich hier unbedingt betonen, denn es gibt so viele Betriebe, bei denen einfach alles gleich in der Tonne landet.
Flammkuchen mit geretteter Birne, Brie und gerettetem Thymian//
Gerettete Bio(!)-Erdbeeren auf Joghurt.
Drei Dinge gibt es, die ich persönlich am Lebensmittelretten etwas ungünstig finde:

1. Ich habe keinen Einfluss darauf, was am Abend auf dem Tisch landet. Das kann manchmal ganz spannend sein (oder hilfreich, wenn man ohnehin keinen Plan hat, was man Essen soll). Wenn ich aber Lust auf selbstgemachte Pommes habe, und es gibt gerade keine Kartoffeln zu retten, dann kaufe ich die weiterhin auf dem Wochenmarkt.

2. Die geretteten Lebensmittel kommen größtenteils von den großen Supermarktketten.
Mit bio und fair ist da (meist) nicht viel. Darüber kann ich grundsätzlich hinwegsehen - besser, ich esse diese Sachen noch, statt dass sie im Müll landen. Da ich aber insgesamt wert auf Qualität beim Essen lege, werde ich wohl auch in Zukunft nicht gänzlich vom Foodsharing leben, sondern immer mal wieder was dazukaufen.

3. Seit ich Lebensmittel rette, habe ich wieder viel mehr Plastikmüll im Haus. Den hatte ich ja im Laufe der Zeit wirklich weit reduziert (wir haben zu zweit ca. alle 4-6 Wochen einen Gelben Sack vollgemacht). Aber auch da muss man eben abwägen: Nehme ich das mit der Müllvermeidung ganz ernst oder will ich Lebensmittel vor dem Müll retten? Die Plastikverpackung ist ja leider ohnehin schon produziert, und schlimmer wäre es, wenn sie mitsamt des Inhalts im Müll landen würde.



Insgesamt bin ich also wirklich überzeugt von Foodsharing. Es macht Spaß, ich habe das Gefühl, etwas Sinnvolles zu tun, und letztlich bekomme ich umsonst massig Lebensmittel.



Man muss übrigens nicht gleich in vollem Maße bei Foodsharing aktiv werden, um Lebensmittel vor dem Abfalleimer zu retten. Bei Facebook gibt es zahlreiche Foodsharing-Gruppen, in denen man ganz unverbindlich und nur nach Bedarf nicht mehr benötigte Lebensmittel (z.B. vor einem Urlaub) verschenken oder abholen kann.

2 Kommentare:

  1. Hey Anna,
    das klingt echt cool. Ich habe davon schon gehört, es klingt sehr einfach ein Lebensmittelretter zu werden. Bisher habe ich nur etwas in den Fairteiler unserer Stadt hinein gelegt, bevor wir in den Urlaub gefahren sind. Eine Frage habe ich aber noch, wo sehe ich auf der foodsharing-Seite welche Firmen da mitmachen? Muss ich dafür angemeldet sein?
    Liebe Grüße,
    Nyra.

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  2. Huhu, ja genau, das können nur angemeldete Foodsharer sehen. Die Betriebe wollen aus unterschiedlichen Gründen nicht öffentlich genannt werden (wobei viele von den teilnehmenden Betrieben Aufkleber an der Tür haben "Foodsharing - wir machen mit!" - kannst ja mal drauf achten, ob Du das irgendwo entdeckst).
    Cool, dass Ihr einen Fairteiler in der Stadt habt, genauso soll der ja auch genutzt werden. :)
    Beste Grüße!

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