Klimafreundliche Hochzeitsreise - #entdeckedeineheimat

*Hochzeit ohne Neukäufe - Part 8*

Meine Großeltern haben immer von ihrer Hochzeitsreise nach Hamburg erzählt. Das war damals für die beiden was ganz besonderes, so weit sind sie sonst kaum rausgekommen. Lange habe ich das einfach nur belächelt - Hamburg, pah, Deutschland, pah - schön weit weg und exotisch sollte es sein. Inzwischen hat sich meine Einstellung zu Fernreisen deutlich gewandelt.

Flugreisen sind absolute Klimakiller. 

Ich verzichte inzwischen seit drei Jahren aufs Fliegen, mein Liebster ist ohnehin erst zweinmal in seinem Leben geflogen (beide Male angestachelt durch mich...🙊). Deshalb waren wir uns schnell einig, dass wir für unsere Hochzeitsreise ein Ziel anpeilen wollten, das klimafreundlich mit der Bahn zu erreichen ist.

Beim Kriterium "muss mit der Bahn zu erreichen sein" ist man übrigens nicht auf Deutschland beschränkt! Das Schienensetz innerhalb Europas ist (relativ) gut ausgebaut, und wer rechtzeitig bucht, ist mit den Sparpreisen der Deutschen Bahn wirklich günstig unterwegs. 

Da wir die Küste vor der Haustür haben (und Anfang Oktober nicht mehr wirklich Badewetter ist) haben wir uns für die Berge entschieden. Ein bisschen exotisch sollte es schließlich doch sein. Ursprünglich hatten wir Österreich im Sinn. Dort gibt es eine große Auswahl an zertifizierten Bio-Hotels. Ja, richtig gelesen! Auch bei der Unterkunft kann man auf ökoligische Kriterien achten: Nachhaltiges Wirtschaften, regionaler Einkauf und umweltfreundliche Energie- und Abfallkreisläufe sind nur einige Punkte, die einen Hotelaufenthalt klimafreundlich machen.

Durch Zufall hat der Liebste dann das Hotel "Zur Post" in Ruhpolding entdeckt.* 

Nicht Österreich, sondern gerade eben noch auf der deutschen Seite, in den Chiemgauer Alpen. Ohne Bio-Siegel, dafür aber mit einer überzeugenden Philosophie (dazu gleich mehr).

Bei unserer Ankunft erwartetet uns eine kleine Überraschung: Unser Zimmer war herrlich kitschig und romantisch hergerichtet, dazu gab's Sekt. Eine echte Honeymoon Suite eben! Aber nicht nur wegen dieses herzlichen Empfangs haben wir uns die ganze Woche über rundum wohl gefühlt. Das gesamte Hotelpersonal war super freundlich und hilfsbereit, sodass wir es uns richtig gutgehen lassen konnten.

Einziges Manko: Trotz vorheriger Anfrage hat es mit dem vegetarischen Essen im Halbpensionsmenü nicht ganz problemlos geklappt. Die Vorspeisen enthielten fast immer Fleisch. Ob es nun ein Kommunikationsproblem im Hotelrestaurant oder ein generelles Problem mit der (fleischlastigen) bayerischen Küche ist - da ist in Zeiten des Klimawandels definitiv noch Luft nach oben. Mein Tipp: Statt des Halbpensionsmenüs einfach á la carte bestellen, denn die vegetarischen Gerichte dort sind wirklich unglaublich lecker! Meine Favoriten sind die Krautschupfnudeln. 😋

Das Hotel wurde in den vergangenen Jahren dreimal mit dem Bayerischen Umweltsiegel in Gold ausgezeichnet.

Das Siegel wird inzwischen nicht mehr verliehen, stattdessen können Hotel- und Hastronimiebetriebe in Bayern freiwillig am "Umweltpakt" teilnehmen. Bei einem netten Gespräch hat das Ehepaar Rechl, das das Hotel führt, von den (gar nicht allzu hohen) Auflagen und den (wesentlich höheren) eigenen Ansprüchen berichtet. Natürliche Materialien im ganzen Gebäude, Botengänge mit dem Fahrrad oder sogar zu Fuß statt mit dem Auto, erste Erfolge bei der Müllvermeidung (z.B. Papier- statt Plastikstrohhalme)... Im Gespräch wurde schnell klar, dass das Siegel für die Familie sekundär ist - im Vordergrund stehen die eigenen Überzeugungen. Herr Rechl plant sogar, ganz Ruhpolding zu einem plastikfreien Ort zu machen - die Idee wurde allerdings bisher vom örtlichen Gewerbeverein abgelehnt, weil andere Hotels nicht mitmachen wollen. Das Hotel "Zur Post" Ruhpolding entspricht mit seiner Philosophie meinen Vorstellungen von einem entspannten und dabei auch noch nachhaltigen Hotelaufenthalt. Einen Urlaub in der "Post" kann ich also nur empfehlen.

Neun Stunden sind wir mit der Bahn unterwegs gewesen.

Ohne Verspätungen, das sei an dieser Stelle lobend erwähnt. Einmal quer durch Deutschland. Ich fand's wahnsinnig entspannt. Lesen, stricken, Hörbuch hören und nach dem ganzen Trubel der Hochzeit usw. einfach mal Zeit zum schnacken haben - herrlich. Beim Bahnfahren bekommt man - im Gegensatz zum Fliegen - ein echtes Gefühl für Entfernungen. Deutschland ist nämlich ganz schön groß!

Der Urlaub selbst war ebenfalls sehr erholsam. Schon vorher war für die Woche, in der wir in Bayern waren, sehr viel Regen angekündigt. Also haben wir ganze Tage im Wellnessbereich des Hotels oder in der Ruhpoldinger Therme "Vita Alpina" verbracht, gelesen, Spiele gespielt, Fernsehen geguckt und sind dick eingepackt mit Regensachen spazieren gegangen. All die Dinge, für die man sonst keine Zeit hat für die wir uns sonst viel zu wenig Zeit nehmen.

Die Regenpausen haben wir für kleinere Wanderausflüge zu den nahegelegenen Almen genutzt. Und an einem Tag hatten wir so richtig schönes Wanderwetter, da sind wir auf den Unternberg (1.425 Meter) hochgestiegen. Hui, war das schön!

In der Region gibt es in vielen Hotels kostenlos die "Chiemgau-Karte". 

Damit kann man den öffentlichen Nahverkehr nutzen (ist also auch ohne Auto mobil), kostenlose Führungen machen, Räder ausleihen, hat freien Eintritt in viele Museen und Freizeiteinrichtungen uvm. Wir haben z.B. einen Ortsrundgang durch Ruhpolding und eine Führung durch die Chiemgau-Arena gemacht (da findet im Januar immer der Biathlon-Weltcup statt) und sind mit dem Sessellift gefahren. Auch der Besuch der Therme war mit der Chiemgau-Karte umsonst.
Viele Regionen in Deutschland haben sich inzwischen was einfallen lassen, um Touristen anzulocken. Die Chiemgau-Karte ist nur ein Beispiel von vielen, mit denen der Urlaub im eigenen Land attraktiv wird.

Mein Fazit: Unsere Hochzeitsreise war schön. Für uns beide nach zweieinhalb Jahren endlich mal wieder ein richtiger Urlaub. Vielleicht erzählen wir davon auch irgendwann mal unseren Enkeln. Und ich bin mir sicher: Es müssen nicht die Malediven sein für eine schöne Hochzeitsreise. In Deutschland gibt es traumhafte Reiseziele, gerade für Leute, die wie wir Erholung und Natur suchen. Und Ruhpolding ist definitiv eins davon.

Wer jetzt angefixt ist: Vor einiger Zeit hatte ich *hier* schon mal das Katzensprung-Magazin vorgestellt. Das liefert jede Menge Inspiration für ungewöhnliche Übernachtungsmöglichkeiten und Reiseziele innerhalb Deutschlands.

So, das war sie also, die kleine Reihe zum Thema "Nachhaltig heiraten und feiern". Ich hoffe, dass ich alle Fragen beantworten konnte. Falls nicht, schreibt gerne in die Kommentare!

Part 1: Hochzeit ohne Neukäufe 
Part 2: Eheringe ohne Neukäufe
Part 3: JGA ohne Neukäufe
Part 4: Hochzeitsfeier ohne Müll
Part 5: Nachhaltige Give-aways, oder: Gastgeschenke ohne Neukäufe
Part 6: Hochzeitsdeko ohne Neukäufe
Part 7: Brautkleid ohne Neukäufe 

*Ich habe die Familie Rechl bei der Buchung über meinen Plan, einen Beitrag über unsere Hochzeitsreise auf dem Blog zu veröffentlichen, informiert. Daraufhin entstand die Idee einer Koopration. Meine Meinung ist davon jedoch unbeeinflusst.