19. Mai 2017

Wegwerfwahnsinn

Neben meinem regulären Studiengang besuche ich seit letztem Semester das Studium Oecologicum. Das ist eine Schlüsselkompetenz bzw. ein interdisziplinäres Zertifikatsprogramm an der Uni Göttingen, das Studierenden aller Fakultäten ermöglicht, schwerpunktmäßig Kurse zum Thema Ökologie und Nachhaltigkeit zu belegen. Also genau das Richtige für mich! Ich bin so froh, dass ich durch dieses Programm die Möglichkeit habe, die Themen, die mich während meines ganzen Projekts beschäftigt haben, jetzt einmal auf wissenschaftliche Art und Weise zu beleuchten.

Im Grundlagenseminar habe ich eine Präsentation zum Thema
Die Wegwerfgesellschaft - Mechanismen ihrer Entstehung (gestern, heute und morgen)
gehalten. Weil das Thema so gut zum Blog passt, teile ich die Ergebnisse auch hier mit Euch.

Als Einstieg gab's diesen kurzen Film:
Reine Satire, klar, aber der Film bringt einige problematische Entwicklungen auf den Punkt. Die Gründe für die zunehmende Wegwerfmentalität lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Bei Elektronik sind es vor allem der Garantieablauf und die Tatsache, dass die Geräte immer schwerer selbst zu reparieren sind.
Ersatzteile sind unverhältnismäßig teuer (oder gar nicht zu bekommen). Dazu kommt, dass generell immer weniger Menschen wissen, wie man Dinge selbst repariert. Einige Produkte werden inzwischen sogar so produziert, dass sie kaum noch reparierbar sind (siehe Apple/iPhone, wo der Akku verklebt ist und nicht mehr einfach ausgetauscht werden kann). Als letzten Faktor habe ich das Phänomen ausgemacht, dass ständig technische Neuerungen auf den Markt kommen, von denen uns die Werbung suggeriert, dass wir sie unbedingt haben müssen. Da landet das alte Smartphone schnell mal im Müll, sobald das neue auf dem Markt ist. Oder man kauft sich einen noch größeren Fernseher, weil er gerade im Angebot ist

Bei Kleidung ist das Hauptproblem Fast Fashion. Ständig werden neue "Trends" aus dem Boden gestampft, die alten Kleider sind out und landen im Container. Außerdem lohnt es sich kaum noch, Kleidung zu reparieren, weil neue Sachen so billig sind. Ich habe auch festgestellt, dass sich die minderwerigen Stoffe der gängigen Modeketten nur ganz schlecht ausbessern lassen - sie zerreißen einfach immer weiter, wenn man sie flicken will.

Kommt in dem kurzen Video zwar nicht vor, aber in meiner Präsentation habe ich es trotzdem noch mit aufgegriffen: Lebensmittel. Da wird sooo viel weggeschmissen, das ist echt eine Schande. Die Gründe dafür sind einmal MHD (Mindesthaltbarkeitsdatum), das vielen VerbraucherInnen das Gefühl gibt, sie essen etwas Giftiges, sobald es überschritten ist. Und daneben der fehlende kreative Umgang mit Essensresten. Viele Leute schmeißen Reste einfach in den Müll. Das muss doch nicht sein! Die kann man super am nächsten Tag nochmal aufwärmen (oder am Ende der Woche einen "Resteauflauf" machen).
Und: Auch Lebensmittel sind zu billig! Eine gute Möglichkeit, dem Wegwerfwahnsinn bei Lebensmitteln entgegenzuwirken ist Foodsharing. Da macht aber leider nur ein Bruchteil der Supermärkte und anderer Lebensmittelbetriebe mit. Containern hingegen ist strafbar. Da hat man als Verbraucher leider wirklich wenig Spielraum. Man kann aber z.B. aufpassen, dass man nicht zu viele (leicht verderbliche) Lebensmittel einkauft und - ich wiederhole - keine Reste wegschmeißt.

Das ist erstmal alles recht deprimierend, vor allem wenn man bedenkt, dass unsere Großeltern noch viel sorgsamer mit ihren Sachen umgegangen sind. Da wurde nichts weggeschmissen! Da wurde repariert bis zum Umfallen! Zitat: "Wir hatten doch nichts". Tja, uns geht's jetzt einfach zu gut (auf Kosten anderer Menschen).

Mein Lösungsansatz zur Wegwerfmentalität sind die fünf "Re"s:

Refuse

Also im Grunde genommen das, was ich ein Jahr lang gemacht habe: Nein sagen zu Konsumgütern. Zum einen zu Werbegeschenken und anderem Kram, den man nicht bewusst kauft. Zum anderen aber eben auch zu allem sonstigen Zeug, das man nur kauft, um sich für einen kurzen Augenblick "zu belohnen" etc.

Reduce
Den Konsum auf ein Minimum reduzieren. Immer mit der Frage im Hinterkopf: Brauche ich das wirklich?

Reuse
Gut mit den Dingen umgehen, die man besitzt, wiederverwenden bzw. Geräte über einen langen Zeitraum benutzen (Kleidung möglichst lange tragen usw.). Auf diese Weise bringt man seinem Besitz die Wertschätzung entgegen, die er verdient.

Repair
Selbsterklärend, oder? Auch das hat etwas mit Wertschätzung zu tun. Zur Not Oma/Opa/Mama/Papa fragen, die wissen meist was zu tun ist. Oder in's Repair Café gehen und sich dort helfen lassen.

Recycle
Die Dinge, die wirklich nicht mehr zu gebrauchen sind, vernünftig entsorgen. Shia war mal in einer Abfallaufbereitungsanlage und hat darüber geschrieben. Es ist sooo wichtig, den Müll, den man produziert, fachgerecht zu entsorgen, damit die Ressourcen wiederverwendet werden können.

Für kaputte Elektrogeräte gibt es übrigens einen genialen Ansatz: Payback für Elektroschrott. Kann man nur hoffen, dass das Projekt flächendeckend realisiert werden kann, denn Elektroschrott ist ein ernsthaftes Problem.

Wenn man diese fünf Punkte berücksichtigt, kann man der eigenen Wegwerfmentalität dauerhaft entgegenwirken. :)

P.S.: Die Hausarbeit, die ich zusätzlich zu dem Thema einreichen musste, habe ich übrigens innerhalb weniger Tage geschrieben, und auch die Präsentation habe ich blitzschnell fertiggestellt. Das zeigt mir einmal mehr, dass es eine Menge wert ist, sich einen Studiengang, einen Job, eine Aufgabe zu suchen, die einem Spaß macht. Dann werden auch so lästige Dinge wie Hausarbeiten zum wahren Vergnügen! Und dass ich am Ende mit einer 1,3 belohnt worden bin, ist dann noch die Kirsche auf der Sahnehaube. 😋

4 Kommentare:

  1. Ich freu mich für Dich, dass Du Dich so sehr dafür begeistern kannst und so Spaß daran hast :)

    Es ist wirklich wichtig, immer wieder darauf hinzuweisen, dass die Konsumschienen, in die wir Konsumenten gelenkt werden, regelrecht in eine Sackgasse führen :/ Und es wäre schön, wenn man durch wachsendes Konsumbewusstsein eine Veränderung erreichen kann irgendwann!

    Meine Mutter hat früher noch Socken gestopft. Und ich habe gelernt, gut auf meine Habseligkeiten zu achten, so dass ich immer lange von allem etwas hatte. Bei meinen Freunden ging schon mal schneller etwas kaputt und dann war das Drama immer groß ;)
    Heute ist das aber irgendwie schon anders... Löcher in Kleidung flicken wir zwar noch wenn es geht, aber Socken werden schneller neu gekauft. Bei manchen Dingen guckt man noch nach Ersatzteilen, das ist dann meist bei Spielzeug der Fall. Aber bei technischen Geräten nicht mehr so wirklich... Das hat sich leider total eingebürgert, dass ein Neukauf (finanziell) sinniger ist :/ Ich kann gar nicht mehr zählen, wie viele Drucker meine Mutter schon hatte. Dabei sollte man aber wohl auch berücksichtigen, dass sie nur gebrauchte Geräte anschafft, anstatt ein neues zu kaufen. Um das möglich zu machen, kaufen aber nunmal andere ständig neue Geräte :/

    Inzwischen fürchten wir leider auch, dass bald ein neuer Fernseher bei uns fällig wird. Der ist gerade mal 4 Jahre alt :(
    Und erinnerst Du Dich noch, wie ich davon schwärmte, mit meinem MacBook sei in den letzten 6 Jahren noch nie etwas gewesen, als Du von Deiner Laptopreparatur berichtet hattest? Tja... Ich hab gerade vor Kurzem knapp 400 € investiert, um mein altes Gerät wieder zum Laufen zu bringen. Das war irgendwie eine kleine Anhäufung von Fehlern. Und das teuerste war der neue Akku, aber den habe ich letztlich aus Prinzip gleich mit austauschen lassen, weil es noch einen passenden für mein Gerät gab. Das ist inzwischen schon so alt, dass Apple dafür gar keine Ersatzteile mehr produziert ;/ Wenn es jetzt noch mal 6 Jahre ohne Probleme läuft, bin ich damit zufrieden und es hat sich für mich gelohnt :)
    Eine Neuanschaffung wäre gerade nicht machbar gewesen und gebrauchte MacBooks verschlingen auch ganz schön viel Geld... Auf jeden Fall weiß ich dadurch nun, dass ich mir kein Gerät mit einem Flashspeicher anschaffen werde. Die soll man nämlich gar nicht austauschen können D:

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    1. Hallo! Alles klar, dann habe ich wieder was gelernt! :D Freut mich aber, dass das MacBook noch zu retten war.
      Ich habe vor ein paar Wochen 90€ in eine Druckerreparatur investiert (mehr als die Hälfte davon haben allein die Patronen gekostet), aber der Fehler konnte leider nicht endgültig behoben werden. Sowas ist echt ärgerlich, zumal der eingebaute Scanner noch optimal funktioniert - da scheue ich mich dann irgendwie, ein neues (gebrauchtes) Gerät zu kaufen...
      Auf die Habseligkeiten zu achten ist echt das A und O. Das ist der erste und eigentlich auch der einfachste Schritt. Man darf halt nur nicht so tollpatschig sein (wie ich immer wieder...xD)
      Ich musste auch so lachen, als in dem Video so abfällig gesagt wird "Das ist ja fast so, als würde ich meine kaputten Sochen stopfen". :D Ich mache das tatsächlich, und bin so seit mehr als eineinhalb Jahren ohne ein neues Paar ausgekommen. Aber das ist natürlich immer Ermessenssache, irgendwann ist die Wolle eben doch mal durch.
      Hach, es ist immer so schön zu lesen, wie andere Leute (also z.B. Du ;-)) das alles so handhaben. :)
      Beste Grüße!

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    2. Haha, danke :D Ich finde das auch immer sehr spannend und inspirativ :)

      Gerade heute habe ich eine Nachricht von Philips bekommen, dass sie mir einen neuen Haarglätter zuschicken werden. Ich hab mein Gerät letztes Jahr über eine Treueaktion zum reduzierten Preis gekauft und vor ein paar Wochen ging die Verriegelungstaste kaputt. Das beeinträchtigt die Funktion zwar nicht, aber ich finde das schon unpraktisch, wenn ich die Keramikplatten nicht vor äußeren Einflüssen während des Nichtgebrauchs schützen kann. Dann dachte ich erst, dass das bestimmt unter Verschleißteile fällt. Aber ich hab dann einfach doch einen Auftrag gegeben und das Problem geschildert und bekomme nun ein Ersatzgerät. Für mich persönlich natürlich total klasse, weil der Schaden ja auch nicht durch Tollpatschigkeit oder so entstanden ist. Aber nun muss ich mein altes Gerät zurück schicken und weiß natürlich nicht, was damit passiert. Zu hoffen wäre ja, dass sie es irgendwie noch einmal aufbereiten und dann mittels eines Sonderverkaufs noch mal in Umlauf bringen könnten.
      Also Garantieleistungen können irgendwie auch eine Zwickmühle sein :D

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    3. hm, gute Frage. Keine Ahnung, ob es sich für Elektromärkte wirtschaftlich lohnt, die Garantiefälle zu reparieren...Ich hoffe es sehr, aber mich schockt inzwischen nichts mehr. :D

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